Hier kommt noch einmal ein kleiner Hinweis zu Hildegard von Bingen, da ich in letzter Zeit ein paar Kommentare zu meinem Artikel über sie bekam. In diesem Artikel bin ich nicht ganz so euphorisch wie viele Hildegardfans und weise darauf hin, dass nicht alles, was heute schwarz auf weiß auf Papier steht, aus ihrer Feder kam und das beileibe nicht alle ihre Gesundheitstipps heutzutage (und womöglich auch früher) angewendet werden sollten. Ob das nun Übertragungs- oder Übersetzungsfehler in ihren Schriften sind, oder ob es schlicht medizinischer Fortschritt ist, lässt sich heute vielleicht gar nicht mehr genau feststellen. Hildegard lebte zu einer Zeit, wo es nicht nur kein Internet gab, sondern auch normale Schriftstücke eher selten waren.
Wer sich für die Person Hildegard interessiert, dem sei zu diesem aufschlußreichen Filmchen geraten.
Wer beim Gucken nicht die rosarote Brille aufhat, der wird in Hildegard nicht nur die engagierte Nonne, sondern auch eine recht emanzipierte Frau finden, die keine Probleme hat, zur Erreichung ihrer Ziele auch Mittel einzusetzen, die… na sagen wir mal, nicht ganz nonnengemäß sind. Um es mal ein bisserl frech zu sagen: Jeder hat ein Recht auf ihre Meinung.
Ich möchte damit Hildegards Werke auf keinen Fall schmälern, nur andeuten, dass auch weiße Westen ab und an ein wenig Grauschleier haben können.
Noch genauer, und für passionierte Hildegard Fans vielleicht ein wenig schockierend, ist dieses Buch:
Jedenfalls wenn man sich wirklich ohne vorgefasste Meinung an die Lektüre macht. Hildegard war mit Sicherheit eines nicht: Ein sanftes Schäfchen.
Wie gesagt, ich wage es nicht wirklich, eine Person zu beurteilen, die ich persönlich nicht kenne und von der mich dahezu 1000 Jahre trennen, aber genau darum bin ich auch skeptisch, wenn es andere tun. Manch ein Autor scheint ja per Zeitmaschine vor Ort gewesen zu sein.
So hat uns Hildegard sicherlich manch guten Rat hinterlassen, aber eben auch sehr fragwürdigen, wie z. B. diesen:
Die frischgefangenen Fische jenes [Flusses] sind
gesund zum Essen, faulen beim Lagern aber rasch,
weil sie durch diese Herbheit verdorben sind.
…, ist er etwas herb wie Lauge, und wenn man [das
Wasser] roh genießt, vertilgt es die schädlichen und
kankmachenden Säfte im Menschen; [aber wenn es
schädliche und krankmachende Säfte im Menschen]
nicht findet, schädigt es den gesunden Menschen
mehr, weil es [nichts]findet, was es abführen könnte.
Wenn jedoch dieses Wasser in Speisen oder Getränken genossen wird, …, bläht es dieses(das Fleisch
des Menschen) auf und macht es geschwollen und
macht es (das Gesicht) verzerrt und dunkel…
(Quelle: http://www.henkel.de/de/content_data/205018_Abwasserbeseitigung_Mittelalter_Neuzeit.pdf )
Hier rät uns Hildegard zum Genuß von Fischen und Wasser des Rheins (sofern man krank ist), der, wie mancher vielleicht gar nicht weiß, schon damals eine gärende Kloake war. So waren z. B. die Schlachter direkt auf den Brücken postiert um ihre Abfälle direkt in den Rhein zu schubsen. Genauso taten es die Fischer und manch anderes Gewerk mit Abfällen. Und natürlich auch menschliche „anrüchige“ Stoffwechselprodukte…
So ihr lieben Hildegardfreunde, wie wärs mit einem belebenden Schlückchen Rheinwasser? 😉
Und bevor jetzt die Fans die Messer wetzen: ich will nur erreichen, dass ihr (egal beim wem), euer Herz und Hirn wachsam bleiben lasst. Ob es nun eine heilige Heilende oder ein moderner Prof. Dr. von und zu und auf und davon ist.
Pickt euch das Beste aus allen Welten und glaubt nicht alles! (Auch mir nicht!)
Ich bin immer wieder begeistert über Deine Beiträge. Du schreibst grossartig! Hab‘ riesen Dank für diesen blog
Vielen Dank für das nette Lob!
Prost, aber bitte nicht mit Rheinwasser. Mein Gesicht verzerrt und dunkelt sich bei dem Gedanken, dass manch Erdenbürger Hildegards oben zitierten „Rat“ ernst nehmen.
Alles Liebe
Regine
Ich würde eher denken, dass sie der Quelle nicht trauen. Aber wer weiß. Es gibt so vieles auf der Welt, was sich unserem Verständnis entzieht. Früher gab es ja auch die sog. „Schmutz- und Dreckapotheke“, wo man mit allerlei Unangenehmen heilte.